Deeskalation und Abrüstung für Frieden im Nahen Osten

„Die internationale Gemeinschaft ist ebenfalls des Versagens schuldig. Sehenden Auges ließ sie zu, dass Gewalt und Besatzung den Punkt erreichen, von dem sich die radikalen Kräfte in der Region die Erfüllung ihrer Träume erhoffen: ein umfassender Krieg. Obwohl die Konfliktparteien scheiterten, aus eigenen Kräften eine friedliche Lösung zu erreichen, ließ man sie gewähren, verwendete nur einen Bruchteil der Druckmittel, über die die Weltgemeinschaft doch verfügt, und beschränkte sich auf gebetsmühlenartige, leere diplomatische Floskeln, die zunehmend an Relevanz verloren haben.“
Ofer Waldman (Publizist), „Krieg in Nahost: Versagen über Versagen über Versagen“, Kommentar im Deutschlandfunk, 17.02.2024.

 

Die internationale Gemeinschaft ist mitverantwortlich für die Eskalation in Nahost. Das gilt insbesondere für die westlichen Gesellschaften, die seit dem 19. Jahrhundert durch Antisemitismus, Rassismus, Nationalismus, Kolonialismus, durch ihre Geopolitik des „Teile und Herrsche“, Waffenlieferungen, Kriege und Geschäfte zu der scheinbar aussichtslosen Entwicklung in Israel-Palästina beigetragen haben. Nicht durch Parteinahme für eine der Seiten nehmen wir unsere Verantwortung wahr, sondern indem wir alles Notwendige für einen Waffenstillstand, humanitäre Hilfe, soziale Entwicklung und für einen Prozess zu einem gerechten, dauerhaften Frieden zu tun. Es ist zur Deeskalation notwendig, dem Völkerrecht neue Geltung zu verschaffen und den mehrfach gezeichneten Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung unter dem Vermittlungsdach der UN ernsthaft zu forcieren. Sie garantieren das Existenzrecht beider Staaten sowie die grundlegenden Menschenrechte aller Beteiligten ebenso, wie die Beendigung der illegalen Besatzung und Besiedlung palästinensischer Gebiete, die Internationalisierung Jerusalems und das Rückkehrrecht bzw. die angemessene Entschädigung der vertriebenen Palästinenser:innen und ihrer Nachkommen und die Anerkennung der vollständigen Rechtsgleichheit aller. Alle Menschen haben das gleiche Recht auf Würde, soziale Sicherung, die gerechte und nachhaltige Nutzung der Ressourcen und ein Leben in Frieden – auch alle Israelis und Palästinenser:innen.

Auch über Israel-Palästina hinaus gilt es angesichts der aktuellen Gewaltzuspitzung für eine Deeskalation im gesamten Nahen und Mittleren Osten zu kämpfen – also für zivile Beziehungen, Rüstungskontrolle und Abrüstung, für eine atomwaffenfreie Zone und gemeinsame wirtschaftliche Entwicklung. Ein solcher Prozess kann in paradigmatischer Weise einen der gefährlichsten Brandherde der Weltzivilisation löschen. Wir fordern alle auf, sich entsprechend zu engagieren!

Seit 75 Jahren herrscht in Israel-Palästina ein mehr oder weniger offener Krieg, mit dem Potential der überregionalen Eskalation. Das erkennbare Ziel vieler israelischen Regierungen, besonders der aktuellen extrem rechten, ist, die Palästinenser:innen als politischen Faktor zu beseitigen und Israels endgültige Aneignung des von den Palästinenser:innen besiedelte Land einschließlich seiner Ressourcen.

Schon jetzt forderte der Krieg mehrere zehntausend zivile Opfer. Die Bevölkerung in Gaza ist eingesperrt, ohne Gesundheitsversorgung, Nahrung und Wasser und wird dauerhaft bombardiert. Daher begrüßen wir das Urteil des Internationalen Gerichtshofes der Vereinten Nationen zur Verhütung der Gefahr eines Genozids der israelischen Armee in Gaza. Denn die Kriegsverbrechen einer Kriegspartei legitimieren niemals die Verbrechen der anderen. Wir sind auf der Seite der Zivilbevölkerung in allen Teilen Israel-Palästinas und solidarisch mit allen progressiv Engagierten.

Vor diesem Hintergrund streiten wir verstärkt für einen sofortigen Waffenstillstand, den Stopp der Waffenexporte nach Israel, die Freilassung der israelischen Geiseln im Gaza-Streifen und der palästinensischen Gefangenen in Israel, die dringend nötige weitere Finanzierung des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten durch die BRD und für sofortige humanitäre Hilfe für die Bevölkerung in Gaza. Mittel- und langfristig geht es um einen gerechten Frieden in Nahost. Dieser beinhaltet notwendigerweise ein Ende der völkerrechtswidrigen Besatzung Palästinas, die Durchsetzung des Existenzrechts eines israelischen sowie eines palästinensischen Staates mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt und die Verwirklichung der demokratischen und sozialen Menschenrechte für alle Menschen.

Wir rufen auf, mit Friedensdemonstrationen, Diskussionen und Aktionen sich hier und jetzt für eine Deeskalation des Konfliktes, ein tieferes Verständnis seiner Genese und für Frieden und die Würde aller einzusetzen.